Wollplanet — Garnplaneten — Kathrin erzählt

This interview will be soon published in Swedish, too — but Kathrin and I decided to make it available in German so that more German-speaking knitters will have the chance to learn about Wollplanet!

Background story: we were two volunteers (among seven or so) in Alagoinhas, Bahia, Brazil some years ago. I was knitting. Kathrin asked why. I told her. She joined me …

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Kathrin, wer bist du und wie kamst du zum Stricken?

Mein Name ist Kathrin Schwan. Ich bin 27 Jahre alt und lebe im Südwesten Deutschlands. Ich absolvierte vor etwa einem Jahr mein Studium der Chemietechnik und arbeite nun als Assistentin an der Hochschule Kaiserslautern. Meine Begeisterung für das Stricken entdeckte ich im Winter 2008. Ich war gerade nach München gezogen und meine Mutter strickte mir für die kalten Tage eine Mütze und einen Schal. Das klingt zwar vergleichsweise banal, aber da meine Mutter eigentlich nicht strickt, häkelt oder näht, war das mehr oder weniger meine erste Berührung mit der Handarbeit. Ich bat sie, mir das Stricken beizubringen. Seitdem stricke oder häkle ich manchmal für sie.

Was ist Wollplanet?

Wollplanet ist der Name, den wir dem Projekt gegeben haben, bei dem wir vorrangig handgefertigte, aber auch gebrauchte Kleidung in unserer Region sammeln und mit Unterstützung des Münzenversandhauses Reppa GmbH nach Schweden zu Slättmissionens Hjälpande Hand verschicken, die sie dann wiederrum an bedürftige Familien, v. a. in Rumänien, verteilen.

Wie hast du Wollplanet ins Leben gerufen und wie hast du es geschafft, dass sich andere Studierende an dem Projekt beteiligen?

Diese etwas längere Geschichte nimmt ihren Anfang in unserer ersten Begegnung, Anna. Im Sommer 2012 ging ich für neun Wochen in eine Favela in Alagoinhas im Nordosten Brasiliens, um dort als Freiwillige zu arbeiten. Kurze Zeit nach deiner Ankunft fiel mir auf, dass du unsere freie Zeit häufig mit Stricken verbracht hast. In Brasilien ist zwar während unserer Sommermonate Winter, aber für meine Begriffe war es noch immer viel zu warm zum Stricken und so sprach dich darauf an. Du meintest, du würdest für Gambia stricken und erzähltest mir von Slättmissionens Hjälpande Hand und davon, dass durch Unterkühlung verursachte Lungenentzündungen weltweit immer noch eine der häufigsten Todesursachen bei Säuglingen sei. Daraufhin bat ich dich um Wolle und eine Häkelnadel.

Ich führte während meiner Zeit in Brasilien regelmäßig Reisetagebuch und schrieb über diese Begebenheit. Neben vielen Verwandten und Freunden schickte ich mein Reisetagebuch auch an einige meiner Professoren. Einer von ihnen, Thomas Stumm, berichtete seiner Mutter von dem Eintrag.

Hannelore Stumm war zeitlebens begeistert von Handarbeit in all ihren kreativen Formen und ist Mitglied eines kleinen Strickkreises ihrer Hausgemeinschaft. Sie griff das Thema sofort auf: Da machen wir mit!

Einige Wochen später brachte Thomas ein Paket handgefertigter Kinderkleidung mit zur Hochschule, das wir dann zu Ingrid nach Schweden schickten.

Ich würde also nicht sagen, dass ich das Projekt ins Leben gerufen habe. Durch unsere Begegnung, meinen Blog und die Begeisterung von Hannelore Stumm hat sich das Projekt irgendwie selbst ins Leben gerufen und ebenso hat es sich weiterentwickelt. Je mehr Leute davon hörten, desto mehr Leute wollten ihren Teil dazu beitragen. Unsere jüngste Strickerin ist gerade mal 14 Jahre alt, unsere älteste wurde in diesem Jahr 90. Eine gute Freundin lernte sogar zu stricken, um sich an dem Projekt beteiligen zu können.

Unsere Hochschule bietet einen Studienschwerpunkt in Textiltechnik an. Wir haben den verantwortlichen Assistentinnen und dem Professor davon berichtet, da ein gemeinsames Projekt quasi auf der Hand lag. Diese griffen die Idee sofort auf und starteten eine Studienarbeit, bei der drei Studentinnen verschiedene Muster für Babymützen auf den großen Strickmaschinen in der Textilhalle programmierten. So kam es dann auch zu den ersten Zeitungsartikeln, nach denen sich noch viele weitere Menschen bei uns meldeten.

Von der erste Lieferung — Hannelore Stumm und ihre Freundinnen. Februar 2013.

Trefft ihr euch, um zusammen zu stricken, oder sammelt ihr die Kleidung nur? Wart ihr vor dem Start des Projekts bereits befreundet oder habt ihr euch durch das Projekt kennengelernt?

Bisher haben wir uns noch nicht zum gemeinsamen Stricken getroffen. Gerade letzte Woche hat eine der Assistentinnen der Textiltechnik jedoch genau das angeregt. Wir haben in der Hochschule in Pirmasens ein wunderschönes Atrium, das einem tropischen Gewächshaus gleicht. Dort wollen wir uns im kommenden Herbst zusammensetzen, um in dieser tollen Umgebung ein paar Mützen zu stricken. Zu Beginn des Projektes waren hauptsächlich Menschen engagiert, die Thomas oder ich bereits persönlich kannten. Diese haben dann wiederum ihren Bekannten und Freunden von Wollplanet erzählt und so sind, wie in einem Schneeballsystem, inzwischen einige Menschen engagiert, die wir ohne das Projekt nicht kennengelernt hätten oder die wir bisher noch nicht persönlich kennengelernt haben.

Was motiviert dich?

Ich liebe die Einfachheit dieses Projektes. Es ist nicht anstrengend oder kompliziert, es ist ein Selbstläufer, bei dem viele engagierte Menschen ihre Zeit und Hingabe in Handarbeit investieren, um damit bedürftigen Kindern zu helfen, und dabei so viel Freude empfinden, dass auch ihnen ihre gute Tat viel zurückgibt. Das wiederum macht mich sehr glücklich.

Warum schickst du deine Kleidung über Schweden zu den Bedürftigen?

Das, was du mir über Slättmissionens Hjälpande Hand erzählt hast, und die Reaktion, die wir aus Schweden auf unser erstes Paket erhielten, haben mich überzeugt, dass die Kleidung dort in guten helfenden Händen ist. Ingrid und ihr Mann verteilen die Kleidung vor Ort. Das ist etwas, was wir nicht leisten könnten. Ich vertraue Ingrid und der Organisation und so kann ich unseren Spenderinnen ruhigen Gewissens versichern, dass die Kleidung dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Das ist mir sehr wichtig. Davon abgesehen liebe ich die Internationalität dieses Projektes. Sie ist es übrigens auch, die Thomas auf den Namen Wollplanet gebracht hat.

Die erste Mütze, made in Alagoinhas.

Was ist dein Lieblingsmodell oder deine bevorzugte Technik?

Ich fertige immer noch am liebsten die Art von Mützen, die ich damals in Brasilien gehäkelt habe. Ich schlage vier Luftmaschen an und schließe diese mit einer Kettmasche zu einer Runde. Dann arbeite ich 12 feste Maschen oder halbe Stäbchen in den Kreis. Dann dopple ich jeweils die zweite, dann die dritte Masche einer Runde usw. bis ich den Durchmesser erreicht habe, den ich für eine kleine Mütze benötige. Ist der gewünschte Durchmesser erreicht, häkle ich Runden ohne weitere Aufnahme von Maschen bis die Mütze die benötigte Länge hat. Und das am liebsten in möglichst bunter Wolle. Da ich nicht gerne einzelne Teile vernähe, sind dieses Modell oder auch der 5-hour-baby-boy-sweater perfekt für mich.

Mütze, Juli 2015.

Hast du einen Tipp für Studierende, die gerne ein ähnliches Projekt starten würden?

Wie bereits erwähnt habe ich nicht das Gefühl, das Projekt aktiv gestartet zu haben. Ich glaube aber, wenn man sich mit offenen Augen und Empathie durch die Welt bewegt, ergeben sich viele Gelegenheiten, anderen Menschen zu helfen. Wenn es das richtige Projekt ist, dann gibt es einem mehr zurück als man investiert, dann strengt es einen nicht an. Bei der Umsetzung braucht man dann etwas Kreativität und die Begeisterungsfähigkeit und Hilfe seiner Mitmenschen. Nach meiner Erfahrung mit Wollplanet gibt es jedoch sehr viele Leute, die sich von guten Projekten anstecken lassen und helfen wollen. Ich nutze die Gelegenheit, um mich an dieser Stelle bei all den herzlichen Menschen zu bedanken, die Wollplanet auf unterschiedlichste Art unterstützen.

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